Montag, Juli 28, 2008

House with Pool

Teresa Hubbard & Alexander Birchler: House with Pool (2004)
Der Film des Künstlerpaares Teresa Hubbard und Alexander Birchler zeichnet sich durch ähnlich klare Bilder und eine ebenso mystische Grundstimmung aus, wie man sie in den Werken von David Lynch oder der finnischen Filmkünstlerin Eija-Lisa Ahtila findet. Ort des Filmgeschehens ist ein Haus mit Garten und Pool, wobei dieses Haus als Metapher für das Leben und die Position der beiden weiblichen Protagonisten steht. Dass es sich bei den beiden Figuren um Mutter und Tochter handelt kann man lediglich raten. Der Film hat das Schema eines klassischen Spielfilms, kommt allerdings ganz ohne Sprache aus. Thema ist das Verhältnis der beiden Protagonisten zueinander. Die Tochter scheint aus dem elterlichen Haus ausgerießen zu sein und wagt nun eine Annäherung, wobei beide Personen nie direkt aufeinandertreffen, sondern die Anwesenheit des Anderen lediglich erspüren. Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum scheinen fließend und eine eindeutige Interpretation des Geschehens wird verweigert. Im Rahmen der Ausstellung The Morning After sind in der Weserburg Bremen zur Zeit Videoarbeiten der Sammlung Goetz zu sehen. Mit dabei ist auch das Werk von Hubbard und Birchler.

Freeway Balconies

Collier Schorr: Selbstportrait (etwa 1991)
Das Konzept, der an eine Allen Ginsberg Zitat angelehnten Ausstellung Freeway Balconies in der Deutschen Guggenheim Berlin, ist auf die Künstlerin und Kuratorin Collier Schorr zugeschnitten. Die 1963 geborene, in New York lebende Künstlerin versammelt in den Räumen der Guggenheim Freunde, Vorbilder, Schüler und Lehrer, die ihre Kunst geprägt haben bzw. deren Kunst sie geprägt hat. So ist ihr Lehrer Richard Prince mit zwei Werken vertreten und ihre Vorbilder Bruce Nauman und Adrian Piper ebenso. Schüler wie David Altmejd und Shinique Smith gehören der jüngsten Generation der New Yorker Kunstszene an. Mit Raymond Pettibon verbindet Schorr im wesentlichen die Liebe für Tokio Hotel. Diese autobiographisch konzipierte Ausstellung funktioniert als Gesamtinstallation, da sich die Werke unmittelbar aufeinander beziehen und so neue Räume und Sichtweisen öffnen. Verbindendes Thema ist das der Identität, Identitätssuche, Identitätsverleugnung oder -krise. Sara Gilbert fotographiert Leonardo DiCaprio am Set von Romeo&Juila und fragt sich, wie der Schauspieler vor und hinter der Kamera agiert. Collier Schorr verkleidet junge Models mit Militäruniformen von SS- oder Vietnamsoldaten und versucht die Veränderung der Haltung und des Erscheinungsbildes einzufangen. Auch Tokio Hotel passen in diesen Kontext. Ihre Verkleidungen wirken wie die Suche nach der eigenen Identität eines Teenagers.

Francesca Woodman

Francesca Woodman: Swan Song (1978)
Bereits im Alter von 13 Jahren entstanden die ersten Fotoarbeiten, der im Alter von 22 Jahren freiwillig aus dem Leben geschiedenen amerikanischen Künstlerin Francesca Woodman. Während ihrer recht kurzen Schaffenszeit entstand ein beachtliches Oeuvre aus 500 Fotographien, Experimentalfilmen und Büchern. Ihre Werke sind von einer schmerzhaften Poetik durchzogen, erreichen eine enorme Tiefe und entfachen eine eigene Körperästhetik. Woodman setzt sich als Model selbst in Szene und arbeitet in vielen Fotos mit einem Selbstauslöser. Die Beschäftigung mit dem eigenen weiblichen Körper, wie Woodman es in ihren Arbeiten tut, wird später von vielen anderen Künstlerinnen aufgegriffen und zitiert. Der Grad an Verklärung und Zerbrechlichkeit ist allerdings ohne Entsprechung. Höchstens der Vergleich zu der Biographie und dem literarischen Schaffen einer Sylvia Plath ist Woodmans Oeuvre würdig.

Sonntag, Juli 27, 2008

LEGO-Konzentrationslager

Zbigniew Libera: LEGO (1996)
Der polnische Künstler Zbigniew Libera bietet mit seinem Konzentrationslager aus LEGO jedem ab sofort die Möglichkeit zu Hause das eigene kleine Lager nachzubauen. Insgesamt entwarf Libera sieben LEGO-Bausteinboxen.

Der Hauptteil ist das Konzentrationslager-LEGOset und zur Erweiterung gibt es dann noch Häftlinge, die als Skelettmännchen gestaltet sind, sowie eine Folterkammer und Wachpersonal.
Die Schrecken der Geschichte werden von Libera auf trivialste Weise thematisiert. Die Kommerzialisierung des Holocaust ist auf dem Höhepunkt angekommen. Der Öffentlichkeit wurde der LEGO-Baukasten erstmals im Rahmen einer Ausstellung im Jewish Museum in Manhattan gezeigt. Die Reaktion waren erwartungsgemäß gespalten. Lagerbaracken und ein Krematorium aus Kinderspielzeug empfanden besonders KZ-Überlebende als Zumutung. Die Provokation ist absolut, regt aber zum Nachdenken an. Die Frage Wem gehört Auschwitz?, die Imre Kertesz 1998 aufgebracht hatte, wird bei Libera erneut gestellt. Kertesz spricht sich mahnent gegen eine Kommerzialisierung des Holocaust aus, im Zuge von Filmen wie "Schindlers Liste" oder Benignis "Das Leben ist schön" diskutiert er, ob es ein Eigentumsrecht am Holocaust gibt. Libera zeigt den Holocaust als billigen Warenartikel und stellt die Frage in den Raum Kann man, darf man so über Auschwitz reden bzw. darf man Auschwitz auf solch triviale Weise darstellen?.
DIE ZEIT: Wem gehört Auschwitz? von Imre Kertesz